Länge: 16,4 km
Gehzeit: 4,50 Std.
Steigung: 400 Höhenmeter Aufstieg, 400 m Abstieg
Schwierigkeit: mittel
Mit seinen 365 Kilometern Gesamtlänge ist der Moselsteig nicht nur einer der längsten, sondern auch einer der abwechslungsreichsten Qualitäts-Fernwanderwege in Deutschland: überraschend in seiner Vielfalt, herausfordernd in seiner Länge und begeisternd in seiner Art. Der Moselsteig begleitet in 24 Einzeletappen den kompletten deutschen Mosellauf von Perl an der deutsch-französisch-luxemburgischen Grenze bis zur Mündung in den Rhein am Deutschen Eck in Koblenz. Die zweite Etappe des Moselsteigs überrascht durch eine besonders abwechslungsreiche Wegführung. Los geht es in Palzem, der südlichsten Moselgemeinde in Rheinland-Pfalz, direkt an der luxemburgischen Grenze gelegen. Der imposante «Helfanter Dom» mit seinen Doppeltürmen lädt zu einer Besichtigung ein. Die Wanderung führt weiter über kurze, steile Steigungen durch Wälder und Wiesen. Dabei bietet sich immer wi eder die Gelegenheit, an beeindruckenden Aussichtspunkten innezuhalten und Rast zu machen. Schließlich geht es durch die Weinberge entlang eines alten Kreuzweges hinab zum Weinort Nittel.
Es ist Mittwoch, 8:10 Uhr morgens und ein warmer Sommertag kündigt sich an. Ich hole meinen heutigen Mitwanderer Walter Curman auf seinem Arbeitsplatz, der Küche im Nitteler Restaurant «Culinarium» in der Weinstraße, ab. Ich bin fünf Minuten vor der vereinbarten Uhrzeit da und entschuldige mich für meine «Unpünktlichkeit». Walter begrüßt mich mit einem freundlichen «Hallo» und seinem legendären «passt schoo!» für das zu frühe Erscheinen. Er steht mit weißer Kochschürze, knielanger Lederhose mit knallgrünen Hosenträgern und rotkariertem Hemd sowie mit Wanderschuhen und roten Wandersocken ausgestattet schon seit 6 Uhr in der blankgeputzten Restaurantküche, um Vorbereitungen für den Abend zu treffen; das Restaurant öffnet heute um 18.00 Uhr.
Walter, Jahrgang 1972, in der Steiermark mit den ursprünglichen Zutaten und Aromen der österreichischen Küche aufgewachsen, ist nach seiner Ausbildung zum Koch und einer Auszeichnung zum jüngsten Küchenmeister Österreichs im Jahre 1996 bei Johann Lafer, der ebenfalls aus der Steiermark kommt, in dessen Sternerestaurant auf der Stromburg gelandet. Hier leitete er von 1998 bis 2003 die Küche der hochgelobten Kochschule Table d’Or sowie die Fernsehküche in Guldental. Über Johann Lafer sagt Walter Curman «Mein Vorbild und mein Mentor».
Bepackt mit ausreichend Tagesverpflegung in den Rücksäcken machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Der Regionalzug, der im Stundentakt unterwegs ist, fährt in Richtung Frankreich und bringt uns in 12 Minuten nach Palzem. Der Name kommt vom römischen «palatiolum», was «kleiner Palast» bedeutet. Schon in der römischen Zeit soll hier eine Brücke über die Mosel geführt haben. Die Zuweg-Markierung leitet uns an der Kirche vorbei bis zum Ortsrand. Ab hier führt der Moselsteig durch Weinberge zum Waldrand und der St.-Michael-Kapelle.
Es geht weiter in den Wald hinein, spürbar bergauf, wo sich am Waldrand ein grandioser Blick auf die ruhige Landschaft bietet. In der Ferne erkennen wir die Silhouette des Helfanter Doms, einem Highlight dieser Etappe. In dem kleinen Ort Helfant mit seinem erstaunlich großen Kirchengebäude, machen wir vor der Kirche eine kleine Rast. Wir erfrischen uns mit dem mitgeschleppten Gerolsteiner Sprudel aus meiner Eifeler Heimat, um dann dem ehrwürdigen Helfanter Dom einen lohnenswerten Besuch abzustatten. Auf der Rückseite des Doms führt der Wanderweg wieder aus dem Ort hinaus.
Der nächste Streckenabschnitt führt uns leicht, aber stetig ansteigend, durch den «Haardtwald». Vor seiner Kuppe wird es sogar richtig steil, aber der Blick vom Waldrand entschädigt für die Anstrengung. Die grandiose Aussicht geht über das liebliche Moseltal hinweg nach Westen bis weit nach Luxemburg hinein. Hier lassen wir uns im Schatten von riesigen aufgehäuften Strohballen zum Mittagsimbiss nieder. Wir genießen im Dreiländereck Eifeler Landbrot aus meiner alten Heimat, frische, selbst gezogene Cocktailtomaten aus meinem Gemüsegarten und Kürbiskernwürstel sowie Murtaler Steirerkäs aus der Steiermark, was Walters Ehefrau Carina für uns eingepackt hat.
Carina ist studierte Önologin und stammt aus dem Weingut Mathias Dostert in Nittel. Sie wurde als 21-Jährige am 6. Oktober 2000, für sie selbst überraschend, zur 52. Deutschen Weinkönigin gewählt. Carina und Walter lernten sich in dieser Weinköniginnenzeit in Lafers Koch-Fernsehsendung kennen und lieben. Heute ist Carina im Weingut für den Weinbau, im Restaurant für den Service und in der Familie mit zwei Kindern für die Erziehung zuständig. Beide beflügeln mit einer feinen und frischen Landhausküche und freundlich-persönlichem Service im modern gestalteten Restaurant «Culinarium» die Nitteler Genuss-Gastronomie, die einer Sterneküche gleichkommt.
So, genug geplaudert. Gestärkt geht es nun für uns weiter auf dem Abschnitt, der mit Blick nach Luxemburg stetig bergab führt, die Bebauung des Ortes Wincheringen am Ortsrand streift und uns zu einer Bank mit einem berauschenden Panoramablick leitet. Flussabwärts in Richtung Frankreich sehen wir die liebliche Mosel, hier beiderseits von Reben eingerahmt, und weiter flussaufwärts bis nach Nittel mit seinen imposanten Muschelkalk-Felsen. Das anschließende Wegstück ist geprägt von einem Wechselspiel aus Wald, Weinbergen und Wiesen mit Obstbäumen. Kurz vor dem Ort Rehlingen führt der Weg auf einem wunderschönen Pfad durch den herrlichen Mischwald. In Rehlingen selbst beginnt der steile Anstieg zur St.-Martin-Kapelle, wo wir mit einem weiteren tollen Ausblick für die Mühe belohnt werden.
Bis zum Waldrand sind noch einige Höhenmeter zu überwinden. Oben bietet sich für uns dafür ein noch umfassenderes Drei-Länder-Panorama in Richtung Luxemburg, Frankreich und Deutschland. Ein kurzes, dicht bewachsenes Waldstück wechselt sich ab mit einer kurzen, steil abfallenden Weinbergspassage, bevor der Moselsteig, wieder leicht ansteigend, oberhalb des Rehlinger Baches auf die Häuser des Ortes Köllig zusteuert. Die Bebauung wird aber nicht erreicht, denn der Weg führt wieder aufwärts und im Wald über den «Kölliger Felz» hinweg. Ein geheimnisvoller Pfadabschnitt begeistert mit seinem urigen, von Felswänden und alten Bäumen gesäumten Weg. Am «Hüttenberg» verlässt der Moselsteig für diese Etappe den Wald und in den Weinbergen wird der Blick auf unseren Heimatort Nittel frei. Der Abstieg in den Ort führt uns über den steilen Kreuzweg und über die Straßen «Im Bungert» und «Rochusstraße» wieder zurück in die «Weinstraße» in der Nitteler Ortsmitte.
Es ist 15:00 Uhr und eine vergnügte, interessante und leicht anstrengende Wanderung auf dem Moselsteig ist vorbei. Carina empfängt uns nach einem süßen Busserl, bei Walter auf den Mund und bei mir auf die Wangen, mit einem Glas kühlen Elbling trocken auf der sonnigen Restaurant-Terrasse. Walter verschwindet alsbald in der Küche und ich mache mich nach dem Genuss eines weiteren Glases frischen Elblingweines bergan auf den Heimweg, um nach meinen Tomatenpflanzen zu schauen.
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